Die „Luftburg – Kolarik im Prater“ hat beim erstmalig veranstalteten „Nachhaltig Wirten-Preis 2023“ von Wirtshausführer & Metro den 1. Preis in der Kategorie Stadtwirtshaus gemacht. Hausherr Paul Kolarik erklärt im Interview, wie es gelungen ist, das riesige Lokal mit 1.200 Sitzplätzen binnen weniger Jahre komplett auf Bio-Produkte umzustellen, warum Familien und Firmen besonders gern in die Luftburg kommen und wie er es schafft, kein Mitarbeiter-Problem zu haben.
Fotos und Interview: Elisabeth und Klaus Egle
Dieses Interview ist Teil einer Serie zum Thema „Wirtshausführer Nachhaltig Wirten“. Es ist eine Kooperation von Wirtshausführer und METRO Österreich, die Nachhaltigkeit als vorrangiges Unternehmensziel festgeschrieben hat. Gemeinsam stellen wir Wirte vor, die in vorbildlicher Weise Nachhaltigkeit täglich leben, in einer Branche, die mehr als andere im Blickfeld der Öffentlichkeit steht. So machen wir ihre nachhaltigen Initiativen sichtbar und nachvollziehbar.
Da konnten wir uns extrem gut positionieren.
Klaus Egle: Gab es auf die Verleihung des Nachhaltig-Wirten-Preises Reaktionen?
Paul Kolarik: Tatsächlich war es für uns eine weitere Bestätigung für den Weg, den wir eingeschlagen haben, die uns auch darin bestärkt, diesen Weg konsequent weiterzugehen. Da ist natürlich auch die Resonanz von außen sehr stark und darum haben wir uns über diesen Preis sehr gefreut. Die Tafel, die wir verliehen bekamen, hat bei uns einen besonders schönen Platz bekommen und auch in den sozialen Medien gab es sehr schöne Reaktionen auf den Preis.
Klaus Egle: Eure Karte macht neugierig. Was bedeutet das für die Gäste? Oder anders gefragt, wer kommt zu euch essen?
Paul Kolarik: Die Leute kommen vor allem wegen den drei Klassikern: Stelze, Ripperl und Schnitzerl. Wen wir aber mit dem Thema Nachhaltigkeit außerdem ansprechen, das sind Familien, in denen auf gute Ernährung geachtet wird und die bereit sind, für Bio-Qualität den einen oder anderen Euro mehr auszugeben. Für die sind wir auch ein Ausflugsziel, wo die Kinder willkommen sind, Platz haben und die Eltern Zeit haben für ein kaltes Getränk und ein warmes Essen. Da haben wir natürlich das Glück, dass wir hier im urbanen Raum ein großes Einzugsgebiet haben, weil mit 1.200 Sitzplätzen kann man nicht nur eine Zielgruppe haben.
Klaus Egle: Was ist mit Unternehmen?
Paul Kolarik: Die Firmen sind ein großer Fokus, weil die sind ganz stark auf das Thema Bio aufgesprungen. Die haben inzwischen, wenn sie außer Haus essen gehen, auch schon Compliance-Regeln, die gewisse Bio-Anteile oder ein Umweltzeichen vorgeben. Da konnten wir uns mit unserem Konzept extrem gut positionieren.
Klaus Egle: Also ist die Nachhaltigkeit nicht nur eine zusätzliche Hürde oder Bürde für die Gastronomie, sondern sie kann durchaus auch ein Geschäftsmodell sein, oder?
Paul Kolarik: Ja natürlich, das unterschreibe ich sofort.
Klaus Egle: Bei euch ist alles Bio. Wir kennen Gastronomen, die sagen, Bio ist nicht immer am nachhaltigsten. Wie seht ihr das?
Paul Kolarik: Am Ende macht es wohl die Mischung aus. Für uns als größtes Bio-Restaurant der Welt, geht es natürlich nicht ohne Bio-Produkte, da sind wir kompromisslos. Aber natürlich möchten wir auch die nationale Wertschöpfung stärken. Regionalität bedeutet dabei für uns Produkte aus Österreich. Wir schauen also bei jedem Produkt, ob wir es in Österreich bekommen können und nur, wenn es das nicht gibt, strecken wir die Fühler über die Grenze hinaus in die Nachbarländer und in die EU aus.
Wir wollen schneller CO2-neutral sein als die Stadt Wien!
Klaus Egle: Ihr sagt selbst, ihr seid das größte Bio-Lokal der Welt. Wie konnte euch METRO Österreich auf dem Weg dorthin unterstützen?
Paul Kolarik: Natürlich ist es ein schöner und romantischer Gedanke, dass alle Produkte vom Bauernhof kommen aber das wäre schon rein logistisch nicht zu stemmen. Da kommt für uns METRO ins Spiel, als Schnittstelle, wo wir unsere Wünsche gebündelt deponieren können und wo METRO in weiterer Folge die passenden Lieferanten sucht um diese Wünsche zu erfüllen. Zum Beispiel Schweinefleisch: Da setzt METRO auf die Firma Berger und die kümmert sich in weiterer Folge darum, dass sie die Schweinebauern findet, die Schweine nach unseren Qualitätsanforderungen liefern. Berger verarbeitet, bereitet vor, liefert zu METRO und METRO liefert zu uns in den Mengen und zu der Zeit, wo wir die Produkte brauchen.
Klaus Egle: Und gibt es da auch eine Kommunikation im Sinne, dass ihr eure Wünsche formuliert und METRO versucht, Lösungen dafür zu finden?
Paul Kolarik: Mehr als die Hälfte unseres Einkaufsvolumens wird über METRO abgewickelt und darum ist METRO auch immer unser erster Ansprechpartner, wenn es um ein neues Produkt oder eine Produkt-Änderung geht.
Klaus Egle: Wir kennen die Luftburg aus früheren Zeiten, inzwischen hat ja eine große Transformation stattgefunden. Wie ist das gegangen?
Paul Kolarik: Meine Mutter hat 1992 das Restaurant eröffnet, und zwar vor allem deshalb, weil sie die Familien, die sie mit ihren Luftburgen begeistern konnte, auch bewirten wollte. Wir hatten dabei immer den Fokus auf Familienfreundlichkeit, wodurch wir auch schon unsere Gäste der Zukunft für uns gewinnen konnten. Dann haben wir in den 2010er Jahren begonnen, vermehrt Bio-Produkte wie Eier, Milch oder Gemüse einzusetzen. Wir nahmen uns dabei selbst als Maßstab und sagten: Wir kaufen ja selbst so im Lebensmittelhandel ein, also wollen wir das auch für unser Restaurant so haben.
Klaus Egle: Gab es auch Unterstützung von Seiten der Stadt?
Paul Kolarik: Die Stadt Wien kam im Jahr 2018 mit einem Förderprogramm auf uns zu, mit dem man die Bio-Zertifizierung beschleunigen wollte, weil man ja wusste, dass wir bereits auf Bio-Produkte setzen – wir wurden damit quasi zu einem Pilotprojekt. Schon im ersten Jahr erreichten wir den Bronzestatus mit mindestens dreißig Prozent Bio-Produkten und das hat bei uns den Ehrgeiz geweckt, dass wir möglichst schnell noch besser werden wollten.
Unser Bio-Versprechen ist für für viele Mitarbeiter ein Argument, bei uns zu arbeiten.
Klaus Egle: Wie ging es dann weiter?
Paul Kolarik: Innerhalb eines Jahres ist es uns gelungen, das komplette Speisenangebot auf Bio umzustellen und wir haben uns zum Ziel gesetzt, mit dem 30jährigen Jubiläum komplett bio-zertifiziert zu sein. Die Pandemie hat dann nochmals wie ein Brandbeschleuniger gewirkt, weil wir die sieben Monate des zweiten Lockdowns genutzt haben um uns praktisch neu zu erfinden. Da haben wir unseren Markenauftritt neu gestaltet, das gesamte Interieur auf Premium-Qualität angehoben und eben alle verwendeten Produkte zu 100 Prozent auf Bio umgestellt.
Klaus Egle: Worauf seid ihr da besonders stolz?
Paul Kolarik: Sicher auf den kurzen Zeitraum, den wir dafür gebraucht haben.
Klaus Egle: Bei Nachhaltig Wirten legen wir großen Wert auf den Umgang mit Mitarbeitern. Wie sieht das bei euch aus?
Paul Kolarik: Das Wichtigste für uns ist, dass wir ein Ganzjahresbetrieb sind. Wir haben 364 Tage im Jahr geöffnet, nur an einem Tag ist geschlossen, weil da machen wir ein Mitarbeiterfest. Wir haben ganzjährig um die 90 Mitarbeiter, im Sommer sind es rund 125, das heißt, wir können Ganzjahresstellen anbieten und das bedeutet Planungssicherheit – für uns ebenso wie für die Mitarbeiter. Außerdem haben wir im Haus alle nur erdenklichen Arbeitszeitmodelle, da können wir sehr gut auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter eingehen.
Klaus Egle: Was heißt das konkret?
Paul Kolarik: Wir kochen täglich für die Mitarbeiter und dabei werden ebenfalls ausschließlich Bio-Produkte verwendet. Wir unterstützen bei der Karte für öffentliche Verkehrsmittel, damit die Mitarbeiter nicht mit dem Auto in die Arbeit kommen müssen. Dann haben wir hier ein wunderschönes Umfeld und auch eine Frequenz im Restaurant, wo immer was los ist und da haben wir alle etwas davon. Und in Zeiten von Arbeitskräftemangel haben wir festgestellt, dass unser Bio-Versprechen für viele Mitarbeiter ein Argument ist, um bei uns zu arbeiten. Weil wenn jemand die Wahl hat, dann geht er lieber dorthin, wo die Arbeit auch sinnstiftend ist. Und last but not least: Alle Mitabeiter-Kinder dürfen am Wochenende bei uns gratis Luftburg springen (lacht).
Klaus Egle: …ein wichtiger Punkt, der jetzt beinahe unter den Tisch gefallen wäre. Bei euch ist ja schon sehr viel passiert – gibt es für die Zukunft in Sachen Nachhaltigkeit trotzdem noch Potenzial?
Paul Kolarik: Wir haben einen großen Umbau vor uns, weil ja Vieles hier organisch gewachsen ist und nun einmal komplett erneuert werden muss. Das heißt einerseits werden wir in die thermische Sanierung investieren zum anderen werden wir ab kommendem Jahr den Standort komplett CO2-neutral bespielen, weil wir statt Gas die Wärme aus Wasserquellen beziehen werden, die wir hier haben. Die Energiegewinnung erfolgt dann mittels einer Wasser-Wärmepumpe, die sehr effizient ist und noch von einer Photovoltaik-Anlage unterstützt wird. Unser Ziel dabei: Wir wollen schneller CO2-neutral sein als die Stadt Wien!