Weingut Karl Breitenberger: Die Menschen zusammenbringen

Karl Breitenberger ist ein Wirtshausführer-Urgestein und als Winzer im Hartbergerland ein ebenso beharrlicher wie erfolgreicher Einzelkämpfer. Im gemütlichen Buschenschank der Familie erzählt der Gründungsobmann der oststeirischen Römerweinstraße bei einigen guten Gläsern Wein, dass er viel für Piwi-Rebsorten übrighat, wieso es für den Buschenschank essenziell ist, die Leute zusammenzusetzen und warum ihm 150 Sitzungen im Jahr dann doch zu viel geworden sind.

Text: Klaus Egle, Fotos: Elisabeth Egle 

Einmal Buschenschank, immer Buschenschank

Karl Breitenberger ist ein wahrer Tausendsassa und ein vielseitig interessierter und beschäftigter Mann. Als Inhaber gleich mehrerer Meisterbriefe ging sein Engagement immer weit über den eigenen Betrieb hinaus, was irgendwann darin gipfelte, dass er es auf bis zu 150 Sitzungen pro Jahr brachte. Diesbezüglich tritt er inzwischen etwas kürzer, er muss auch nicht überall sein, denn die Menschen kommen ja sowieso zu ihm in den Buschenschank, den er gemeinsam mit seiner Frau Elisabeth seit vier Jahrzehnten betreibt. „Meine Frau ist eine gelernte Köchin und war überhaupt in meinem Leben ein absoluter Glücksgriff“, strahlt Breitenberger und erinnert sich an seine eigenen Anfänge im Betrieb. „Wir hatten eine gemischte Landwirtschaft und schon in den 50er Jahren wurde gelegentlich ausgeschenkt. Dann kam ich im Jahr 1978 von der Weinbauschule in Silberberg und es ging richtig los, von da an gab es auch regelmäßig Buschenschank.“

Elisabeth Breitenberger
Karl Breitenberger

Meine Frau ist eine gelernte Köchin und war überhaupt in meinem Leben ein absoluter Glücksgriff.

Was es nicht gibt wird erfunden 

Doch Breitenberger krempelte nicht nur den Betrieb in Richtung Weinbau um, er war auch Teil von spektakulären Gemeinschaftsprojekten in einer Zeit als die Wein- und Genusskultur im Land gerade so richtig zum Leben erwachte. „Gemeinsam mit den Stalzers (damals ein weitum bekanntes und innovatives Lokal in Pöllau) und den Winkler-Hermadens nannten wir und ‘Die Drei‘ und veranstalteten regelmäßig Wein-Dinners mit mindestens 13 Gängen und natürlich der passenden Wein-Begleitung!“ Das war frisch, spannend und wild… und es konnten schon auch einmal 21 Gänge werden, wie sich Georg Winkler-Hermaden im Gespräch am nächsten Tag erinnert. Etwas bodenständiger aber nicht minder qualitätsbewusst geht es am Buschenschank der Breitenbergers zu. Viele der verarbeiteten Produkte stammen vom Direktvermarkter in der Nachbarschaft, anderes wie Kernöl, Essig oder Edelbrände werden gleich selbst produziert. Und wenn es etwas einmal nicht gibt, dann wird es ganz einfach „erfunden“. So wie die „vegetarische Bratlfett’n“ auf Basis von Kokosfett die Elisabeth Breitenberger auf Grund einer Anfrage nach einer vegetarischen Platte „aber bitte mit Bratlfett’n“ kreiert hat.

Im Buschenschank hat das Zusammensetzen Tradition.

Junger Wein aus alten Rieden

Auch in Sachen Weinbau war Karl Breitenberger, der inzwischen im Betrieb auch schon von Karl junior unterstützt wird, stets kreativ und innovativ. Inmitten der oststeirischen Obstbauplantagen setzte der Weinbaumeister und Diplomsommeliér auf den Weinbau und bewirtschaftet heute fünf Hektar Rebfläche, darunter alte, mühsam rekultivierte Weingärten wie den „Klostergarten“ und den „Kirchenriegel“ bei der Pfarrkirche St. Johann bei Herberstein. Mit solch prächtigen Lagen, kluger Auswahl der Rebsorten – „Riesling gibt es bei uns schon seit den 30er Jahren!“ – und zunehmendem Alter der Rebstöcke gewannen Breitenbergers Weine immer mehr an Statur und Komplexität. Natürlich braucht es im Sortiment die klassischen Buschenschank-Weine wie den feinwürzigen, trinkfreudigen Welschriesling oder den paprika- und holunderduftigen Muskateller, doch daneben finden sich auch ebenso elegante wie animierende Weine wie der kühle, hellfruchtige und nach Weingartenpfirsichen duftende Rheinriesling, der vollfruchtige Morillon oder der feingliedrige, sortentypische Sauvignon Blanc Vulkanland DAC. Das ist quasi der Mittelbau des Sortiments, doch es gibt noch eine Steigerung.

Kostnotizen

Sauvignon Blanc Unter der Kirche 2022

Intensive Würze bei einem tollen Duftvolumen und präsentiert sich am Gaumen fruchtsüß, saftig und mit pikanter Frucht, herrliches Cassis, knackig, würzig, animierend, straff, viel Druck, schöne Länge, ein Wein mit großem Potenzial, der jetzt schon echt Freude macht – ein Meisterstück

Ruländer KB 2022

Opulent, burgundisch, cremig, Äpfel, Bananen, Toastbrot, Muskat, Gewürznoten, stoffig, vollmundig, cremig aber auch mit guter Säurestruktur, animierend und frisch aber mit viel Druck und toller Länge – beeindruckender Ruländer 

Burgunder-Cuvée Klostergarten Rieden DAC 2022

Tolle Duftfülle, reife Apfelfrucht, gelbfruchtig, dicht, stoffig, cremig, schön verwoben mit einem Hauch von Gerbstoff, reifer Frucht, saftig-vollmundig, ein bisschen Nuss, Toastbrot, drückt voll an und bleibt lange haften

Der Verkostungsraum und dahinter geht es in den Weinkeller.

Ich halte viel von Piwi-Sorten und mag den Cabernet Jura sehr, weil er bei uns super ausreift, 19 Grad sind kein Problem. 

Der Cabernet Jura reift super aus

Bei so viel Wein kosten, bedarf es dann auch einmal einer kleinen Verpflegung, die sich wie von Zauberhand geschaffen, in Form einer ebenso opulenten wie köstlichen Jausenplatte einstellt. Dann präsentiert Karl Breitenberger, der sich persönlich gerne mit den großen Rotweinen der Welt von Bordeaux bis Kalifornien weiterbildet, noch seine „rote Brigade“: Zweigelt, Zweigelt Barrique und die Cuvée KB präsentierte sich als dichte, kirschfruchtig-vollmundige Weine mit reifem Gerbstoff, die Trinkvergnügen auf mehr als beachtlichem Niveau versprechen. Ein ganz eigenes Kapitel ist dann der Cabernet Jura. Breitenberger deklariert sich hier als Fan der Pilzwiderstandsfähigen Rebsorten. „Ich halte viel von Piwi-Sorten und mag den Cabernet Jura sehr, weil er bei uns super ausreift, 19 Grad sind kein Problem. Durch Saftabzug entsteht der Frizzante mit seiner schönen Himbeerfrucht und aus dem „Rest“ entsteht der Rotwein, der wunderschön diese Cassis-Aromen hat“. Der „Piwi 5 Cabernet Jura 2022“ erweist sich diesem Lorbeer als durchaus würdig. Meine Notizen: Dunkle Würze, schwarze Ribiseln, noch mit einigen Ecken und Kanten aber mit viel Potenzial, rauchig, Kaffee, kräftiger Gerbstoff, maskulin, dicht, kraftvoll, darf ruhig noch ein bisschen liegen und wird noch zulegen.

Von Kunst umgeben

Ja, und dann gibt es noch ein eigenes Kapitel am Weingut und „Ausgezeichneten Buschenschank“ Breitenberger aber das kann man nicht erkosten, man muss es ergehen und ersehen. Etwa die vielen Bilder des Malers und Bildhauers Franz Weiss, von dem Breitenberger eine umfangreiche Sammlung besitzt, der fast an eine Kirche erinnernde, luftige Verkostungsraum, die Skulpturen im Garten oder die Kapelle mit den kunstvoll gestalteten, bunten Glasfenstern. Kein Wunder, dass hier immer etwas los ist und sich an diesem besonderen Platz jeder wohl fühlt – vom Deutschen Ex-Präsidenten über geistliche Würdenträger bis hin zu Touristen und Einheimischen, die hier gern einkehren, feiern oder einfach nur ein gutes Glas Wein trinken wollen. „Im Buschenschank treffen zum Glück alle möglichen Menschen zusammen und bei uns hat das Zusammensetzen Tradition – das ist unsere Aufgabe, die Menschen zusammenzubringen“, resümiert der Hausherr zum Abschied.