Was für ein spannendes Trio vom Gemischten Satz: Wiener Gemischter Satz DAC 2021, Wiener Gemischter Satz Ried Rosengartl 1. ÖTW Nussberg 2020 und Gemischter Satz 2020 Natural Wine vom Weingut HajszanNeumann 2020: Kompositeur aller drei Werke ist Fritz Wieninger.
Der Wiener Gemischte Satz und Fritz Wieninger – das ist eine ganz besondere Geschichte. Mir hat er sie einmal erzählt. Und sie begann eigentlich ganz ohne den Fritz, der damals noch ein junges Bürscherl war, nämlich mit Franz Mayer, dem langjährigen Doyen des Wiener Weinbaus, Präsidenten des Wiener Weinbauverbandes und Heurigenwirt im „Beethovenheurigen“, dem Mayer am Pfarrplatz. Der hatte seinerseits als junger Mann noch erlebt, wie in den meisten Wiener Weingärten Gemischte Sätze ausgepflanzt waren und sich auch ein genaues Auspflanzschema in ein Heft geschrieben, nachdem er Zeit seines Lebens beim Bepflanzen seiner Weingärten vorgegangen war. Als dann der Trend zu den reinsortigen Weinen einsetzte und der Gemischte Satz nur noch ein Mauerblümchen-Dasein als namenloser Schankwein fristete, war Mayer lange Zeit der einzige in Wien, der noch einen Gemischten Satz in die Bouteille gefüllt hat, weil er immer von der Besonderheit und Qualität dieses Weines überzeugt war. „Schon im 19. Jahrhundert war der Wiener Wein, insbesondere der Grinzinger und der Nussberger berühmt – und besser als Vieles andere, das in Österreich erzeugt wurde“, erklärte mir Mayer einmal. „Im Gegensatz zu anderen Regionen setzte man in Wien bereits damals nicht auf Massenträger sondern auf Qualitätsrebsorten wie Riesling, Rotgipfler, Weißburgunder oder Traminer. Und diese hervorragenden Wiener Weine, die jeder Wirt im Keller haben musste, waren durchwegs Gemischte Sätze.“
Ein Zufall als Glücksfall
Die Renaissance begann dann mit einem Zufall und jetzt kommt Fritz Wieninger ins Spiel. Der hatte bis dahin alle seine Weingärten in Stammersdorf, konnte aber 1999 am Wiener Nussberg einen Weingarten erwerben und das war ein Wiener Gemischter Satz. Bei der ersten Lese versuchte Wieninger, so viele Trauben wie möglich getrennt zu lesen – und der Rest war dann eben der Gemischte Satz. „Eigentlich eine Notlösung“, erinnert er sich, „doch als ich den Wein gekostet habe, war ich von seiner Qualität absolut überrascht und begeistert; ich wusste in dem Moment, dass Franz Mayer recht gehabt hat, der viele Jahre, ja Jahrzehnte vom Gemischten Satz geschwärmt und sich für diesen eingesetzt hat.“ Mit diesem Wein startete genau genommen die Renaissance des Wiener Gemischten Satzes. Später begann dann die Gruppe „Wien Wein“ mit Wieninger als treibender Kraft den „WGS“ zu fördern, weil die Winzer erkannt hatten, dass man hier auf einem ganz besonderen Schatz sitzt – ein Produkt, mit dem man sich in einer Welt der ständig uniformer werdenden Weine profilieren und eine eigene Identität formen kann.
Drei Individualisten
Zunächst der WGS DAC 2021: Feinwürzig im Duft, saftig und mit animierender Säure dient diese „Melange“ der Völkerverständigung – auf ihn können sich Viele einigen. Beim Gemischten Satz 2020 „Natural“ vom Weingut Hajszan-Neumann, das ebenso zu Wieninger Wein-Reich gehört, werden sich die Geister eher scheiden. Fans von charakterstarken und indivduellen Weinen kommen hier auf ihre Rechnung: Orangenzesten, Krokant, Speck und Leder im Duft, stoffige Fülle, feinkörniger Gerbstoff, Bittermandeln, dezente Fruchtsüße. Der geht bei der Speisenbegleitung statt Rotwein durch. Schließlich der WGS DAC Rosengartl 2020, aus dem Herzstück des Nussbergs, einem Wein, den man eigentlich schon aufgrund seines schönen Namens lieben muss. Da ist nichts breit und mächtig, vielmehr zeigt sich der Wein mineralisch, kompakt und fokussiert und bringt im Duft und am Gaumen die Essenz des Muschelkalkbodens zum Ausdruck. Fazit: Drei Individualisten, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten, die wunderbar illustrierten, welche Vielfalt hinter einem Wiener Gemischten Satz möglich ist.