Müsste es nicht eigentlich „Sekt der Woche“ heißen? Eigentlich schon aber dann auch wieder nicht, denn gerade der neue Viognier-Sekt „Brut Nature“ vom Weingut Graf Hardegg zeigt ganz deutlich, dass Sekt ja im Grunde genommen auch ein Wein ist – aber eben mit ganz vielen feinen Kugerln drin.
Höchstwahrscheinlich war die Präsentation des neuen Viognier-Sektes im noblen Ambiente des frisch eröffneten Rosewood-Hotels in der ehemaligen ERSTE-Bank-Zentrale am Wiener Graben eine Weltpremiere. Denn Viognier ist nicht nur nach wie vor weltweit eine rare Sorte, er drängt sich auf Grund seines Charakters – kräftig, würzig und eher aromatisch als fruchtig – auch nicht gerade für die Sekt-Produktion auf. Dennoch war es für Maximilian Hardegg und seinen Weigutsleiter Andreas Gruber nur die logische Fortsetzung des – zugegebenermaßen ungewöhnlichen – Weges, den das Weingut Graf Hardegg vor fast drei Jahrzehnten beschritten hat.
Charaktervoll und eigenständig
Im Jahr 1994 waren Hardegg und sein damaliger Weingutsleiter Peter Veyder-Malberg auf der Vinexpo in Bordeaux und verkosteten dort erstmals Viognier, eine alte Rebsorte, die einst vor allem an der Rhone verbreitet aber in den späten 60er Jahren so gut wie ausgestorben war. Sie waren begeistert und beschlossen: „Den müssen wir im Weinviertel auspflanzen!“ „Wir wussten damals zum Glück nicht, auf was wir uns einlassen“, schmunzelt Maximilian Hardegg bei der Präsentation und spielt damit auf den steinigen Behördenweg an, der mit der Pflanzung einer Sorte verbunden ist, die sich nicht im heimischen Rebsorten-Kataster befindet. Qualitätswein im Sinne des österreichischen Weingesetzes ist der Viognier nach wir vor keiner, darum darf der „V“ weder die Sortenbezeichnung noch den Namen auf dem Etikett tragen. Problem ist das längst keines mehr, denn der Wein ist inzwischen eine Marke – um nicht zu sagen: eine Legende – geworden. In Österreich kaum kopiert und schon gar nicht erreicht, erwies sich der Hardegg’sche Viognier als ebenso charaktervoll wie eigenständig, wobei sich bald herausstellte, dass die Sorte mit den Böden und klimatischen Bedingungen im heißen und trockenen nördlichen Weinviertel bestens zurechtkommt.
„V“ in still und prickelnd
Der ebenfalls verkostete jüngste „V“ (2021) etwa präsentierte sich vollmundig, dicht und stoffig, mit nussigen Aromen und einem animierenden Gerbstoff, der perfekt in ein Fruchtbett aus Honigmelonen, Kumquats und getrockneten Marillen eingebettet ist, saftig, harmonisch und mit langem Nachklang. Für die prickelnde Variante „V“ Brut Nature wurden die Trauben Mitte September 2019 gelesen und er durfte nach der ersten Vergärung 31 Monate auf der Feinhefe reifen, ehe er im August 2022 ohne Dosage degorgiert wurde. Ebenso wie der Wein zeigt er sich dicht und komplex aber auch mit Mineralität und animierender Frische. Im Duft mit kandierten Früchten, Noten von Äpfeln, Mandarinen, Marillen und Nüssen, saftig, mit kräftigem Mousseux, am Gaumen dann voll und stoffig mit zarten Anklängen von Mandeln und Brioche, druckvoll, vielschichtig und mit einem langen Nachklang. Ein rundum gelungenes Werk und ein Sekt, der wie eine Verkostung von gereiften Sekten des Hauses aus den Jahrgängen 2013 und 2014 zeigte, noch viele schöne Jahre der Reifung vor sich hat.
Bewertung: 18/20 Punkte