Dass seine Weine das Zeug zu echten Langstreckenläufern haben, hat Hans Topf unter anderem schon bei legendären Großflaschen-Events eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Der 2010er Riesling Wechselberg Spiegel Kamptal DAC Reserve 1 ÖTW von der Lage Wechselberg Spiegel überrascht dennoch mit seiner unglaublichen Präsenz und Frische.
Die gute Nachricht: Wechselberg Spiegel ist tatsächlich eine außergewöhnlich Lage, ausschließlich bewirtschaftet von der Familie Topf – eine Monopollage also, wie die Franzosen stolz zu so etwas sagen. Die Bodenbeschaffenheit mit Vulkanschiefer, Urgestein und Verwitterungskonglomerat kündet auch Hobby-Geologen wie mir irgendwie von besonderer Mineralität im Wein (die sich dann auch prompt einstellt) und die Ausrichtung in Richtung Süd-, Süd-West lässt jedenfalls hohe Traubenreife erwarten. Gut so, denn, und das ist die zumindest vermeintlich schlechte Nachricht: 2010 war ein eher kühles Jahr mit ziemlich lästigen Niederschlägen zur Erntezeit. Kurzum: Eines, an das man sich nach zehn Jahren nicht mehr oder zumindest nicht mehr so gerne erinnert.
Ein 2010er mit großem Format
Die Erwartungen waren beim Öffnen dieser Flasche daher eher verhalten – der Wein war es dagegen überhaupt nicht. Unmittelbar nach dem Eingießen ins Zalto-Universalglas war der voll da: Ein dezenter Hauch von Petrol, dazu fein gestrickte Mineralik und dunkle, intensive Würze. Im Duft elegant wie ein Smoking. Am Gaumen präsentierte sich der Wein saftig mit einem dichten Fruchtkörper aber auch feiner Struktur. Ein Hauch von Fruchtsüße verleiht ihm Harmonie und Ausgewogenheit, wobei neben Obstnoten auch ein bisschen Exotik von Mangos und Papayas durchblitzt. Mit viel Druck und einer bemerkenswerten Länge unterstreicht der Wein nicht nur die Größe der Lage sondern macht auch dem schwierigen 2010er Jahrgang alle Ehre.
19/20 Punkte
Fazit: Kein ehrwürdiger Wein-Greis, sondern ein zupackender Riesling voller Virilität – jetzt mit Vergnügen trinken oder noch länger lagern