Klaus Egles Wein der Woche: Der „Nitsch-Doppler“ 2020

Der Wein, der als Kooperation von Künstler Hermann Nitsch und Winzer Michael Martin entsteht, ist zugleich Kult und Kulturgut. Und gut trinken kann man ihn auch.

„Dieses Getränk wird einen heiteren, frohen, gesunden Rausch auslösen“, so der bekannte Maler und Aktionskünstler Hermann Nitsch anlässlich einer der bereits legendären Präsentationen des sogenannten „Nitsch-Dopplers“. Dessen Geschichte begann im Jahr 1982, als Nitsch, der bereits seit dem Jahr 1971 im Besitz des Schlosses Prinzendorf war und dort auch wohnte, einen eigenen Weingarten erwarb. Bestockt war der mit den Sorten Grüner Veltliner, Welschriesling, Müller-Thurgau und dem raren Grauen Portugieser. Ein Mitarbeiter kelterte von diesem einen naturbelassenen Gemischten Satz, genau so, wie sich Nitsch einen echten und unverfälschten Weinviertler Bauernwein vorstellte. Es war dann nur folgerichtig, dass dieser Wein in die „Austro-Magnum“, den Doppler, abgefüllt wurde, der bereits zu dieser Zeit schön langsam von der Bildfläche verschwand.

Jede Flasche ist handsigniert

Im Jahr 2006 trat dann Nitschs Freund Michael Martin vom Weingut Martinshof auf den Plan, der von da an die Weinbereitung in seinem modernen Weingut in Neusiedl an der Zaya übernahm. Am Grundkonzept wurde nichts geändert. Der Wein wird weder aufgezuckert noch geschmacklich irgendwie verändert, im Doppler abgefüllt und auf Nitschs ausdrücklichen Wunsch hin mit einem kurzen Naturkorken verschlossen – wie es traditionell eben war. Gekeltert werden jedes Jahr einige hundert Doppler, für die Nitsch jeweils ein eigenes Etikett entwirft – und jede Flasche wird vom Meister persönlich handsigniert.

Ein Wein zum einfach Weitertrinken

Den 2020er habe ich, wie es sich gehört, aus dem so genannten „Weinviertler Becher“ verkostet, einem Viertel-Glas mit besonders dickem Boden – eigens dafür konzipiert, dass er auch im windigen Weinviertel am Heurigentisch nicht gleich umfällt. Diesem Schoppen entsteigt eine erstaunliche Duftfülle mit pfeffriger Würze einem zarten Früchtchen nach grünem Apfel – eine stehende Einladung zum einmal kräftig Antrinken. Dabei zeigt er sich so richtig spritzig, frisch und saftig mit animierender aber durchaus angenehmer Säure – das heißt Trinkfluss pur. Am Gaumen macht er es sich so richtig gemütlich und prägt sich im Abgang gut ein. Das alles mit 10,5 Prozent Alkohol – ein Wein zum einfach Weitertrinken, bis dass der heitere Rausch sich einstellt.