Im Looshaus am Kreuzberg findet man herzliche Zuwendung

Es war einmal eine Wiener Fabrikantenfamilie, die sich vor bald 100 Jahren den Traum vom Zweitwohnsitz auf dem Land erfüllte. Die Familie hieß Khuner und man kennt noch heute die Lebensmittelmarke Kuner. Der Bauherr Paul Khuner beauftragte mit der Planung des Traumhauses am Kreuzberg bei Payerbach im Jahr 1928 den Architekten Adolf Loos. Dieser baute das Sehnsuchtshaus als zweigeschossigen Blockbau mit einer zentralen Halle nach englischen und amerikanischen Vorbildern. Für Loos war es einer seiner letzten Bauten. Das Beste aber: Heute dürfen wir in der großen Halle, die über zwei Stockwerke reicht, die ausgezeichnete Küche zusammen mit freiem Blick durch das Frontfenster in die herrliche Kulisse des Alpenvorlandes genießen. Und lassen uns von Gastgeber und Hausbesitzer Norbert Steiner mehr über sein Tun rund um die einzigartige Land-Villa erzählen. Zusammen mit seiner Schwester Hanna Sehn, sie ist die Küchenchefin, betreibt er das Loos-Haus als Restaurant und extravagantes Hotel in der dritten Generation. 

Fotos und Interview: Elisabeth und Klaus Egle

Dieses Interview ist Teil einer Serie zum Thema „Wirtshausführer Nachhaltig Wirten“. Es ist eine Kooperation von Wirtshausführer und METRO Österreich, das die Nachhaltigkeit als vorrangiges Unternehmensziel festgeschrieben hat. Gemeinsam stellen wir Wirte vor, die in vorbildlicher Weise Nachhaltigkeit täglich leben, in einer Branche, die mehr als andere im Blickfeld der Öffentlichkeit steht. So machen wir ihre nachhaltigen Initiativen sichtbar und nachvollziehbar.

Klaus Egle: Dieses prächtige Haus in seiner ursprünglichen Form zu pflegen, ist ja an sich schon ein Akt der Nachhaltigkeit. Wie sehen Sie das?

Norbert Steiner: Auf jeden Fall ist so ein Baujuwel, wenn man es wirklich erhalten kann, Spaß. Es wurde von einem wirklichen Genie erbaut und auch sehr solide. Bei einem älteren Gebäude hat jeder immer etwas zum Herrichten. Wenn sich dann das noch bezahlt macht und man das Ergebnis sieht und es Freude macht, ist das in Ordnung. Die Arbeiten selber halten sich wirklich in Grenzen, weil wir immer etwas machen und das Haus in Schuss halten. Es wird genutzt und das ist für ein altes Gebäude am allerbesten. 

Klaus Egle: Es wurde ja ursprünglich als Zweitwohnsitz für Aufenthalte im Sommer und Winter konzipiert und nicht als Lokal. Musste man viele Kompromisse eingehen?

Norbert Steiner: Die halten sich wirklich in Grenzen. Auch wenn es damals als Privathaus gebaut wurde, war es immer für die Familie und ihre vielen Gäste da. Es war zum Glück für ein Privathaus sehr geräumig und hatte diese vielen Raumaufteilungen wie das Herrenzimmer oder die Bibliothek für den Rückzug. Der Gast heute fühlt sich gerade deswegen so wohl, weil es soviel Charme hat und er sich nicht in einem 0815-strukturierten Hotel befindet. Zu einem Lokal hat es der Vorbesitzer, ein Bauunternehmer aus Wien, 1955 gemacht. Er hat es in ein Erholungsheim für seine Mitarbeiter umgewandelt und auch öffentlich zugänglich gemacht. Meine Großmutter hat es 1959 erworben und da war es schon eine Gaststätte. Man muss schon sagen, dass die vielen Denkmalschutzauflagen für meine Großmutter und meine Eltern eine Bürde waren. Den Loos hat damals auch niemand geschätzt. Mit der ersten großen Adolf-Loos-Ausstellung in der Albertina Ende der 80er Jahre und dem Glücksfall, dass die Festspiele Reichenau praktisch zeitgleich gestartet sind, hat das herrlich dazu gepasst und das war der Durchbruch. 

Klaus Egle: Das Restaurant im Loos-Haus ist für seine kreative Küchenlinie bekannt. Sehr viele Produkte kommen aus der Region. Schmeckt der Gast diesen Aufwand?

Norbert Steiner: Auf jeden Fall. Soweit wir die Produkte abdecken können, schauen wir zuerst, was es in der Region gibt. Ich habe zum Glück einige sehr gute Lieferanten, die mich seit Jahren mit Frischfisch versorgen. Die Forelle wurde gerade heute morgen frisch geliefert, die Lachsforelle und der Seesaibling kommen aus dem nächsten Tal. Der räumlich näheste Produzent von mir ist der Nachbar, der sich schon vor über 30 Jahren auf Schafe spezialisiert hat, von dem wir frisches Lammfleisch und Schafkäse beziehen. Mein Schwager Adolf Sehn ist Jäger und Fleischhauer und dann habe ich noch ein paar lokale Jäger, die mich mit Wild beliefern. Was das restliche Fleisch betrifft, schauen wir auch darauf, dass wir das aus der Gegend bekommen. Die Gänse haben wir aus dem Ort. Seit gut 10 Jahren gibt es einen Züchter. Die laufen jetzt schon herum, die gibt es ab Mitte Oktober. Wir nennen sie die „Obstgartengans“. Weil er seine Wiesen wirklich in einem Obstgarten hat. Das Lustige dabei, diese Gänse wachsen wirklich am Fuße eines Berges mit Namen „Gahns“ auf. Und ein Kellner von uns ist Schwammerl-Spezialist.

Klaus Egle: Und wenn man ein ganzes Reh bekommt, dann kann man auch etwas damit tun. Das ist ja auch nachhaltiger als wenn ich nur ein verpacktes Teil bekomme. 

Norbert Steiner: So ist es. Beim Lamm verbrauchen wir nicht nur den Schlögl oder den schönen Rücken, sondern die Rest’ln als Ragout und die Innereien verkochen wir als Lammbeuschl. Die Lammleber ist gar nicht mehr von der Speisekarte weg zu denken, die ist so etwas zartes. Wir schauen darauf, dass die Wege immer kürzer werden. Ich möchte schon sagen, es gibt immer wieder ein paar Produzenten, die tolle Ideen haben. Es kommt aber auch auf die Planbarkeit durch die Verfügbarkeit und Konsequenz an. 

Soweit wir die Produkte abdecken können, schauen wir zuerst, was es in der Region gibt und achten darauf, dass die Wege immer kürzer werden. 

Klaus Egle: Für die Küchenagenden ist Ihre Schwester zuständig. Das muss man auch alles können, ein Tier zu verwerten. Weil ein Fleisch schnell abbraten kann bald einer. 

Norbert Steiner: Meine Schwester bildet zusammen mit ihren Mitarbeitern ein langjährig eingespieltes Team. Da gibt es jetzt zum Glück wieder Unterstützer und es geht weiter. 

Klaus Egle: Was machen Sie, damit sich die Mitarbeiter wohlfühlen? Was muss man ihnen anbieten? 

Norbert Steiner: Es ist sicher das familiäre Umfeld und die Wertschätzung. Unsere Mitarbeiter sind Teil des Ganzen, wir wollen ihre Ideen und sie sind aufgefordert sich einzubringen. Wenn die Zwischensaison ist, haben sie mehr Freiheiten, dafür stehen sie in der Saison wieder voll hinter mir. Eine Mitarbeiterin war jetzt 42 Jahre bei mir und geht nun mit 60 Jahren in Pension, ein Kellner ist seit 34 Jahren hier. Viele unserer Mitarbeiter stehen mit ihren Berufsjahren schon im zweistelligen Bereich.

Mein Gast kommt aus der Kunst- und Kulturszene, oder die Leute wollen einfach über das Wochenende den Herrgott einen guten Mann sein lassen.

Wir haben in der Region das zweite Jahr ein Projekt laufen, dass der Gast autofrei in die Gegend kommen kann.

Klaus Egle: Wie geht es weiter mit dem Gebiet von Semmering und Rax? Es ist ja eine der wenigen Regionen, zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Hochblüte der sogenannten „Sommerfrische“ erlebt hat.  

Norbert Steiner:
 Wir sind eine sanfte Tourismusregion und die Bebauungsauflagen hier sind sehr streng. Wir laden den Gast ein, uns dabei zu unterstützen. Mittlerweile haben wir in der Region das zweite Jahr ein Projekt laufen, dass der Gast autofrei in die Gegend kommen kann. Für die Dauer des Aufenthaltes stellen wir eine kostenlose Mobilitätskarte zur Verfügung. Ich zahle pro Gast einen Euro pro Nächtigung als Mobilitätsbeitrag und er kann den Rufbus, tatsächlich ein Taxi, kostenlos für seine Fahrten verwenden. Vom Bahnhof zur Talstation, im Sommer zum Theater, was immer er machen will. Ich hole aber auch gerne meinen Gast vom Zug ab. 

Klaus Egle: Metro setzt sehr stark auf das Thema Nachhaltigkeit. Wie nützlich ist Ihnen das?

Norbert Steiner: Zuerst einmal bieten alle (Anm. Redaktion Großmärkte) fast ähnliches an. Metro ist für mich der wichtigste Großmarkt, weil er geografisch der Nächste ist. Ich war gerade heute dort und kriege natürlich auch geliefert. Was bei mir neben der Nähe noch zählt, ist das sehr gute Angebot beim Obst und Gemüse, zum Beispiel frischer Marchfelder Spargel, wenn man vorher reserviert, beim Fleisch und Fisch gibt es auch heimische Anbieter. Was noch zählt in Sachen Nachhaltigkeit: Ich brauche als Unternehmer nicht in sieben Geschäfte zu fahren. Ich kann notfalls für mich privat einen Toast kaufen, fürs Büro etwas und sogar drei Schrauben für meine Werkstatt, wenn etwas kaputt ist. Das ist der Hauptgrund, weil ich so meine Zeit für Wichtigeres nutzen kann und die Zusammenarbeit haut einfach hin.