„Fass 4″ ist längst zur Marke von Bernhard Ott geworden und nach drei Jahrzehnten auch ein bisschen zur Legende. Zum Dreißiger lud Ott zur Jubiläumsverkostung, die quasi ein ganzes Lebenswerk in flüssiger (Best-)form widerspiegelte.
Es waren 24 Weine aus dreißig Jahren, von 1988 bis 2018, die einer kleinen, hochkarätigen Runde in der Wiener Galerie „Westlicht“ zur Verkostung gereicht wurden. Mit dabei unter anderem die legendäre, langjährige Tantris-Sommelière Paula Bosch, Edelbrenner und Otts kongenialer „Zwillings-Freund“ Hans Reisetbauer, Top-Weinjournalisten und Zalto-Glas-Chef Josef Karner. Dessen Vater, damals Wirt in Großgraben (NÖ), hat bereits Wein bei Bernhard Otts Vater gekauft – so viel zum Thema Kontinuität.
Vom Fass zum Fass
Und mit Otts Vater, Eduard „Edi“ Ott beginnt die Geschichte vom Fass 4. „Im Jahr 1989 hat er unsere besten Kunden eingeladen um gemeinsam das beste von den zwölf Fässern in unserem Keller herauszukosten“, erinnert sich Bernhard Ott. Das war dann das Fass 11, gefüllt mit dem Jahrgang 1998, im Jahr darauf das Fass Nr. 8 und vom 1990er schliesslich das Fass 4, das sich ab diesem Zeitpunkt als Marke etabliert hat und quasi nicht mehr wegzubekommen war, auch als Ott längst von Fässern auf Tanks umgestellt hatte. „Heute bin ich wieder beim Fass angekommen, wie mein Vater es pflegte – eine Reise, die dreißig Jahre gedauert hat“, resümiert Ott mit einem Schmunzeln.
Erstaunliches Reifepotenzial
War Fass 4 ursprünglich der beste Wein des Hauses, so sollte der Wein in späteren Jahren die absolute Typizität darstellen – des Weinguts und des Wagrams. Mittelgewichtig, trinkfreudig und ausgewogen. Und die Retrospektive zeigte, dass dieses Weine, auch wenn der Alkoholgehalt meist „nur“ zwischen 12 und 12,5 Prozent liegt, ein wunderbares Alterungspotenzial haben. Was Paula Bosch gar zur durchaus schlüssigen These führte, dass gerade dieser Weintyp aufgrund seiner Ausgewogenheit und Harmonie sogar schöner altert als mächtige Bomben, die nicht selten einseitig vom Alkohol geprägt sind und keine Balance mit anderen Komponenten wie Säure und Frucht erreichen.
Der 2018er hat Zukunft
Auffallend bei der Verkostung war neben vielen wirklichen Highlights, dass gerade auch vermeintlich schwächere Jahrgänge wie 2001, 2010 oder 2014 mit Frische, Struktur und fein eingestrickter, reifer Säure, tatsächlich großes und animierendes Trinkvergnügen bereitet haben. Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Der aktuelle „Fass 4“ vom Jahrgang 2018 hat das heiße Jahr bestens gemeistert und ist ein wunderbar kühler, mineralischer und saftiger Wein, dem man eine lange und schöne Zukunft prognostizieren kann, ohne dafür eine prophetische Gabe haben zu müssen.