Ziegelwerk Gasthaus oder: Ich war noch niemals in Wimpassing

Das Gebiet zwischen dem südlichen Stadtrand von Wien und dem Leithagebirge als (kulinarisches) Niemandsland zu bezeichnen, zeugte bisher nur von einer leichten Überheblichkeit. Seit sich dort aber mit dem Ziegelwerk Gasthaus in Wimpassing und der Schneiderei in Leithaprodersdorf zwei neue Genuss-Hotspots herauskristallisiert haben, ist es schlicht und einfach falsch. Das Ziegelwerk Gasthaus stellen wir hier vor – die Schneiderei folgt.

Text & Fotos: Klaus Egle

In Wimpassing wächst ja fast kein Wein – und knapp daneben ist auch vorbei. Denk ich mir, wie ich in diesen Ort reinfahre und feststelle, dass ich da noch niemals war. Müllendorf, Großhöflein oder auch Leithaprodersdorf, Wulkaprodersdorf… ja. New York, London, Paris Berlin – ja. Wimpassing? Nein. Vielleicht gab es ja einfach keinen Grund. Aber den gibt es jetzt. Kennengelernt habe ich die Wirtsleute, Werner Tschiedel aus Wimpassing und Julia Weber aus Vorarlberg beim Genussfestival „Pan o Gusto“ im Vorjahr im Schloss Esterházy. Werner kochte damals noch im winzigen „Côte Sud“ in der Wiener Schleifmühlgasse und sie erzählten mir, dass sie gemeinsam mit Werners Bruder Roland an einer alten Ziegelei herumbauen, die ein Lokal werden soll. Wo? In Wimpassing. Aha. Haltet mich auf dem Laufenden! So war das und dann kam das Mail, das sie damit fertig seien und ich beschloss, mir das einmal anzuschauen.

Modern in alten Mauern

Erst einmal ist es imposant anzuschauen. Bei der Einfahrt der restaurierte Kalkofen mitten im Gastgarten, dann die langgestrecken Gebäude mit viel Holz und Glas – wie ein riesiger Wintergarten irgendwie und jedenfalls sehr einladend. Die Größe resultiert aus der Geschichte. Die Großeltern der Tschiedels besaßen das bedeutende Ziegelwerk mit umfangreichen Latifundien – der Leithaberg und die Lehmgrube, die heute als Badesee genutzt wird, lieferten das Rohmaterial dafür. In den alten Lagerhallen ist jetzt das neue Restaurant entstanden, als stilsichere ausgeführte Kombination von altem Grundstock und neuer Architektur. Mit gewölbtem Weinkeller, Terrazzo-Böden in den Gasträumen, einer einsehbaren Küche und zwei mächtigen Brotbacköfen. In denen bäckt Julia statt Ziegeln wunderbare Brote, anderes von der Pizza bis zum Schmorgericht soll folgen.

Geschmacksfestspiele für den Gaumen

Die Küche fusst auf besten Grundprodukten, die größtenteils aus der näheren Umgebung stammen und überschlägt sich nicht mit unnützer Kreativität, sondern arbeitet auf solider Basis aber immer mit Details, die für Spannung und Gesprächsstoff sorgen. Mild abgeschmecktes Beef Tatare mit leicht in Olivenöl angebratenem Weißbrot und süß-sauer marinierten Zwiebelringen – mhm. Kaspressknödelsuppe, intensiv und dicht aber nicht überwürzt, der Käse im Knödel ist natürlich ein Bergkäse aus dem Bregenzerwald. Butterzartes Filet vom Leithaberg-Muffel auf Mangold, knusprigen Austernpilzen und Selleriecréme – Geschmacksfestspiele für den Gaumen mit süßen, salzigen, sauren und bitteren Komponenten. Große Klasse. Dazu gibt es eine interessante Weinauswahl, perfekt gezapftes Trumer-Pils und einen exzellenten Kaffee – aber das wundert mich dann schon gar nicht mehr.

Ein Wirtshaus für jedermann

Aber damit keine Missverständnisse aufkommen: Das Ziegelwerk ist ein wunderbar niederschwefliges Wirtshaus für jedermann, in dem man genauso auf ein gutes Glas Wein oder einen kleinen Happen reinschauen oder sich mit einem einem mehrgängigen Menü verwöhnen lassen kann. Und ein guter Grund, öfter einmal nach Wimpassing zu kommen.

Kontakt: www.ziegelwerk-gasthaus.at