Der Grüne Veltliner „Stockkultur“ vom Weingut Neustifter in Poysdorf ist ein besonderer Wein mit einer besonderen Aufmachung – und einer besonderen Geschichte.
Als Karl Neustifter im Jahr 2007 einen Weingarten in der bis in die 1950er Jahre hinein gebräuchlichen Stockkultur aussetzte, dachten manche, es handle sich vielleicht nur um einen Marketing-Gag. Aus heutiger Sicht muss man sagen: Marketing ja, Gag keineswegs, denn dafür ist einfach das Produkt zu gut. Doch nochmals kurz zurück zum Anfang: 4.500 Stöcke pflanzte Neustifter in der Riede Steinberg – und das gleich im doppelten Sinn. Denn zu jedem Rebstock wird bei dieser Reb-Erziehungsform ein Holzstock gesetzt, an dem sich die Rebe dann emporranken kann.
Ein hartes Stück Arbeit
Ein Drahtrahmen wie heute üblich, ist dabei nicht notwendig – eine aufwändige händische Bearbeitung dagegen schon. Neustifter schätzt den Arbeitsaufwand für Schnitt und Pflege der Reben auf das ungefähr vierfache gegenüber einem normalen Hochkultur-Weingarten. Warum er sich das dann antut? Weil diese Erziehungsform etliche Vorteile mit sich bringt, die sich letztlich positiv auf die Komplexität und Qualität des Weines auswirken. Durch die Bodennähe reifen die Trauben optimal aus, während sich die Stöcke durch die hohe Laubwand gegenseitig Schatten spenden. Der Traubenwuchs wird vom Stock selbst reguliert und ein besonders tiefes Wurzelsystem sorgt für eine gleichmäßige, perfekte Versorgung des Rebstocks mit Wasser und Mineralstoffen aus dem Boden.
Aus der Katze schaut die Hexe
Doch nicht nur für die Produktion, sondern auch für die Präsentation und Vermarktung dieses Weines haben sich die Neustifters etwas besonderes einfallen lassen. So ziert die mächtige, mit Wachs versiegelte Burgunderflasche jedes Jahr eine von einem anderen Künstler gestaltete Kellerkatze und sie ist damit ein Jahrgangs-Unikat. Beim 2016er stammt die Etiketten-Gestaltung vom Lengauer Künstler Leopold Pichlmaier der sich durch die Sagen und Geschichten rund um die Kellergassen zu einer Wein-Hexe mit Katzenaugen inspirieren ließ.
Wie ein moderner Burgunder
Der Wein selbst ist genau so eine Wucht wie die Flasche – freilich ohne dabei übermächtig oder alkoholschwer zu wirken. In der Nase präsentiert er sich mit intensivem Duft nach weißem Pfeffer und exotischen Gewürzen sowie Mandarinenschalen, straff und fokussiert, dabei kühl und mineralisch. Am Gaumen salzig und engmaschig mit einem dicht gestrickten Fruchtkörper, gut strukturiert, dicht und mit reifer, perfekt eingebundener Säure. Mit seiner Struktur, Dichte und Würze erinnert dieser noch lange nachklingende Modellathlet an einen Burgunder modernen Zuschnitts. Kein Wunder, dass er sich im bauchigen Burgunderglas am wohlsten fühlt.
Bewertung: 19,5/20