DAC Carnuntum: Ein Weinbaugebiet erfindet sich neu

Die neue DAC Carnuntum steht für einen wiedererkennbaren, modernen Weinstil in weiß und rot, den sich die Winzer der Region in den vergangenen Jahren mit großem Einsatz selbst erarbeitet haben.

Text und Fotos: Klaus Egle

Oft erscheint eine DAC (kontrollierte Herkunftsbezeichnung) auf den ersten Blick als intellektuelles Konstrukt, als komplizierte „Kopfgeburt“ und etwas, das auf ein Weinbaugebiet quasi neu drauf gesetzt wird. Die neue DAC Carnuntum ist hingegen der – zumindest vorläufige – Endpunkt eines langen Prozesses, in dem die Winzerinnen und Winzer der Region in regelmäßigen Treffen, Diskussionen und Vekostungen der Frage nachgegangen sind, welcher Weinstil prägend für das gesamte Gebiet sein könnte um so die Grundlage für eine nachvollziehbare DAC zu schaffen. Erschwert wurde diese Arbeit durch den Umstand, dass Carnuntum aus zumindest zwei Großregionen besteht, die allein schon auf Grund ihrer Böden und klimatischen Bedingungen durchaus unterschiedliche Weine hervorbringen: Das Gebiet um Göttlesbrunn und Höflein im Westen und das vom Spitzerberg als markantestem Punkt geprägte im Osten. Um so bemerkenswerter ist es, dass man hier dennoch einen gemeinsamen Stil entwickelt hat, der die einzelnen Herkünfte zwar nicht verleugnet aber dennoch einen gemeinsamen Bogen über alles spannt.

Eine Region, ein Stil

Bekannt geworden ist die Region ab Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger Jahre vor allem mit den dichten und stoffigen und ja, manchmal durchaus übermächtig-marmeladigen Rotweinen vor allem aus Göttlesbrunn und Großhöflein, Stichwort: Rotweinwunder von Carnuntum. Das war auch dem Gesamttrend zu danken, der in Richtung Rotwein ging und die stets bemerkenswerten Weißweine der Region fanden in dieser Zeit kaum Beachtung. Wertvoller Input kam dann durch die Wieder-Entdeckung des weitgehend vergessenen Gebietes um den Spitzerberg, wo nicht Zweigelt und neue Rebsorten von Cabernet Sauvignon bis Merlot und Syrah den Ton angaben, sondern der Blaufränkische. Aus dieser Ausgangslage ziselierte man nun einen Stil heraus, der sich in erstaunlichem Einklang in den Weinen vieler Produzenten in der Region wiederfindet.

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Zupackende Weine in weiß und rot

Im Vordergrund steht dabei nicht mehr die Sorte, sondern der Boden, nicht mehr die Frucht, sondern die Mineralität, nicht mehr die Vordergründigkeit sondern Komplexität und Tiefgang. Das gilt sowohl für die Roten, als auch für die Weißweine, die damit in Carnuntum eine außergewöhnliche Renaissance erleben. Die Weine sind zupackend und fordernd, das Niveau im Schnitt sehr hoch, bei manchen Produzenten sogar herausragend. Insgesamt entspricht diese Stilistik ganz dem Zeitgeist, wirkt jung und leichtfüßig und wird von einer sich gerade hier radikal verjüngenden Winzerschaft auch für ein junges Zielpublikum gemeint und gemacht. Das ist gut so, denn die besten dieser Weine verlangen einiges an Geduld, bis aus dem, was sie heute andeuten, das wird, was man wirklich gerne trinkt.

Heißt freilich nicht, dass es hier nichts mehr gibt, das nicht bereits in der Jugend Trinkspaß bereitet. Und hier kommt der Rubin Carnuntum ins Spiel, eine Marke, die in den mehr als 25 Jahren ihres Bestehens erwachsen geworden ist und heute keineswegs nur für einfachen „Einstiegswein“ steht, sondern für Weine, die den Stil der Region ebenfalls widerspiegeln aber eben auf eine zugängliche und trinkfreudige Art, niederschwellig, erschwinglich und absolut genussvoll.

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Eine DAC von innen

Doch zurück zur neuen DAC, die in Carnuntum keineswegs draufgesetzt wirkt sondern viel mehr wie etwas, das von innen heraus erarbeitet wurde. Damit kann es sogar als „Best-Practice“ Beispiel dienen, das die Logik der DAC transparent macht. Denn so kompliziert diese in der theoretischen Ausformulierung oft wirken mag, sieht es in der gelebten Praxis oft ganz anders aus. Verfolgt man den vor allem im romanischen Raum intensiv gelebten Terroir-Gedanken konsequent weiter, so erscheint nichts logischer, als einen Wein nach seiner – engeren oder weiteren – Herkunft zuzuordnen. Und tatsächlich ist das in Österreichs so neu auch wieder nicht. Denken wir nur an einen „Gumpoldskirchner“, „Retzer“ oder „Nussberger“. Und schon sind wir bei der in der Carnuntum DAC verankerten Ortswein-Kategorie, dem Mittelbau einer dreistufigen Pyramide, die sich vom Gebiets- über den Ortswein bis zum Lagenwein auftürmt.

Praxis schlägt Theorie

So weit, so logisch, wenn jetzt aber noch die Rebsorten dazukommen, aus denen nun einmal auch jeder DAC Wein besteht, so erscheint das Bild zunächst wider etwas schwammig. Zugelassen für die neue Carnuntum DAC sind nämlich im Rotweinbereich Weine, die „dominant“, also zu mindestens zwei Drittel aus Zweigelt und/oder Blaufränkisch bestehen. Die Weißweine müssen zu mindestens zwei Drittel aus Grünem Veltliner und/oder weißen Burgundersorten bestehen. In der Kost- und Trinkpraxis erweist sich aber sehr schnell, dass so Weine entstehen, die tatsächlich einen durchgängigen, wiedererkennbaren Stil aufweisen, der eben mit der Herkunft Carnuntum verbunden ist. Dies umso mehr, als hier die vorgeschriebene Sorten-Zusammensetzung nicht wie in anderen Gebieten nur für die Lagenweine an der Spitze der Pyramide gilt, sondern für die DAC-Weine auf allen drei Ebenen.

Carnuntum DAC im Überblick

Rebsorten:

  • Weiß: Chardonnay, Weißburgunder, Grüner Veltliner (Cuvées müssen zu mind. 2/3 aus diesen Sorten bestehen, Rest: Qualitätsweinrebsorten)
  • Rot: Zweigelt, Blaufränkisch (Cuvées müssen zu mind. 2/3 aus diesen Sorten bestehen, Rest: Qualitätsweinrebsorten)

Stufen:

  • Gebietswein
  • Ortswein
  • Riedenwein

Herkünfte Ortswein (ortsübergreifende Gemeinden):

  • Göttlesbrunn
  • Hainburg
  • Höflein
  • Petronell-Carnuntum
  • Prellenkirchen
  • Stixneusiedl

Quelle: ÖWM