Klaus Egles Wein der Woche: Pinot Noir Reserve 2010, Gerhard Markowitsch

Pinot Noir ist sicher nicht die Rebsorte, mit der Gerhard Markowitsch berühmt geworden ist. Liegt aber nicht am Wein, denn der 2010er Pinot Noir Reserve ist ein echter Markowitsch – und das trotz oder gerade aus einem schwierigen Rotweinjahrgang.

Es gibt eine alte Faustregel: Schlechte Rotweinjahre sind gute Pinot-Jahre. Weil der Pinot Noir seine Finesse und Eleganz nur dann so richtig entfalten kann, wenn ihm nicht den ganzen Sommer über und womöglich noch im Herbst die Sonne auf die Trauben brennt. Es ist ja ganz einfach: Im Burgund haben sie oft ein mieses Wetter, man könnte sagen, die Region ist das Vorarlberg Frankreichs. Ja, und dort kommen die besten Pinot Noirs der Welt her, finde ich, und ein paar andere auch noch. Aber es gibt auch einige andere Landstriche auf der Welt, die der Rebsorte wunderbare Bedingungen bieten. Einer davon ist Österreich, wo der Pinot Noir – den Zisterziensermönchen aus Burgund sei’s gedankt – bereits im Jahr 1394 erstmals urkundlich nachweisbar ist.

Eine Rebsorte als Herausforderung

Dass die Rebsorte hierzulande trotzdem nie zum Bestseller wurde, liegt daran, dass sie anfällig für Fäulnis und andere Krankheiten ist, geringe Erträge liefert und, aufgrund der dünnen Beerenschalen, keine besonders dunklen, hochfarbigen Weine bringt. Eine Herausforderung also für jeden Winzer und Gerhard Markowitsch ist einer, der solche Herausforderungen liebt und geradezu mit der Schwierigkeit der Aufgabe wächst. Das war im Jahr 2010 auch notwendig: Wenig Sonne, viel Regen und ein ingesamt kühles Jahr bot nicht gerade Grund zum Jubeln. Doch Markowitsch luchste diesem knapp an der Katastrophe vorbeischrammenden Jahrgang einen exzellenten Pinot ab, der nach zwölf Jahren dasteht, wie ein Musterschüler.

Großer Wein aus einem kleinen Jahr

Mit geradezu sensationeller Frische und Präsenz steht dieser Wein im bauchigen Zalto-Burgunderglas. Eine Jahrgangsschätzung bei der Blindverkostung ginge garantiert daneben. Die Nase: Burgundisch! Mit einem feinen Mix aus reifen Beerennoten, dezenten Rauch- und Rösttönen und einem Hauch von Kaffeebohnen aber auch gewürzigen Anklängen von Szechuan-Pfeffer und Kreuzkümmel. Am Gaumen dann straff mit einem dicht gestrickten Fruchtkörper und feinkörnigem Gerbstoff, fordernd und animierend zugleich. Mit etwas Luft auch Veilchen, Zedernholz und wieder Gewürze, feingliedrig und elegant aber auch mundfüllend. Ein großer Wein aus einem kleinen Jahr, der sogar immer noch Potenzial hat. Wohl dem, der noch ein Fläschchen im Keller hat. Was es dazu zum Essen gab? Fasanenbrust natürlich, was sonst…

Bewertung: 19/20 Punkte